Das Grundgesetz (GG) der BRD wurde 1949 unter dem Eindruck der nationalsozialistischen Herrschaft entworfen und ist den meisten Menschen irgendwie bekannt. Der erste Teil des Grundgesetztes, die ersten 19 Artikel, umfassen die Grundrechte, in der auch allgemeingültige Menschenrechte enthalten sind.
In loser Folge werden hier einmal die bekanntesten dieser Artikel vorgestellt: Wie lauten sie, warum gibt es sie und was bedeuten diese für jeden einzelnen von uns.
Es beginnt mit Artikel 1, der festlegt, dass „die Würde des Menschen unantastbar“ ist.
Was ist damit gemeint?
Im Gegensatz zum relativen Wert eines Menschen ist die Würde des Menschen unabhängig von dessen Alter, Geschlecht, Herkunft, sexueller Orientierung, Staatsangehörigkeit, Religion oder anderen Kategorien. Die Menschenwürde ist demnach absolut, das heißt sie kann weder größer noch kleiner werden oder von jemanden erteilt oder entzogen werden.
Und was bringt das?
Laut Art. 1 folgt auf „die Würde des Menschen ist unantastbar“ noch der Zusatz „Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“
Jegliches staatliches Handeln ist zwingend an das Grundgesetz gebunden. Jeder Mensch, nicht nur Bürger der BRD, hat Anspruch auf die Einhaltung der 19 Grundrechte in der Verfassung, die er gegenüber dem Staat einfordern kann. Gleichzeitig muss der Staat von sich aus darauf achten, dass sein Handeln nicht im Widerspruch mit diesen 19 Grundrechten steht.
Wenn ich mich durch staatliches Handeln also in meiner Würde als Mensch verletzt sehe, kann ich durch Klage die entsprechende staatliche Institution zu einem grundrechtskonformen Handeln bewegen.
Beispiel hierfür ist die Verletzung der körperlichen Identität und Integrität durch Folter, oder Misshandlung: Wenn z.b. Ermittler einem Entführer mit Gewalt Hinweise auf das Versteck einer Geisel abpressen wollen ist das nicht mit Art. 1 GG vereinbar.
Die Grundrechte wie z.B. auch das Recht auf freie Meinungsäußerung oder die Versammlungsfreiheit schützen jeden einzelnen von uns vor staatlicher Willkür und binden den Gesetzgeber in seinem Handeln an das Grundgesetz (sog. Rechtsstaatlichkeitsprinzip). Darüber hinaus schützt die sog. Ewigkeitsklausel unter Art 79 (3) GG die Veränderung unter anderem von Art. 1 der Verfassung.
All diese Mechanismen sind direkte Folge der Erfahrungen aus der Zeit des Nationalsozialismus, als zum Beispiel mit dem Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 grundlegende demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien außer Kraft gesetzt werden konnten.
Und wie ist das in anderen Ländern?
In zahlreichen anderen Ländern Europas ist die Würde des Menschen ebenfalls als eines der obersten Prinzipien in der Landesverfassung mit ähnlichem Wortlaut verankert.
Und in der DDR?
In den Verfassungen der DDR von 1968 und 1974 war unter Art. 19 (2) festgelegt, dass „Achtung und Schutz der Würde und Freiheit der Persönlichkeit […] Gebot für alle staatlichen Organe, alle gesellschaftlichen Kräfte und jeden einzelnen Bürger“ sind.
Allerdings gingen die Verfassungen der DDR grundsätzlich von einer Interessengleichheit zwischen Staat und Bürger aus. Was der Staat will, eine sozialistische Gesellschaft in der jeder einzelne Bürger sich an der Vervollkommnung und Weiterentwicklung des Sozialismus beteiligt, ist auch der Wille eines jeden Bürgers.
Diese Auffassung war beinahe das komplette Gegenteil der Grundlagen der Verfassung der BRD. Hier hatte jeder Mensch 19 Grundrechte, die den Schutz des Individuums vor staatlichem Handeln sicherstellen sollten und im Zweifelsfall auch einklagbar waren.